Mit der Liege auf Tour

Auf vielfachen Wunsch von 1 oder 2 Leuten werde ich hier versuchen, ein Tagebuch über meine Radreisen zu führen.

Eins Vorweg: wer Rechtschreibfelher findet, darf sie gerne Behalten!

Ansonsten werden hier in loser Folge Tagesberichte erscheinen. Da ich keine ausgeprägter Poet bin, werden diese wahrscheinlich eher Trocken ausfallen. Und da ich noch nie einen Blog geführt habe, sind Probleme mit Darstellung und Design garantiert!

Trotzdem viel Spaß!

Übersicht des ersten Teils der Tour, von Luxemburg-Stadt bis Paris (01.07.2013 - 08.07.2013):

Tagespensum: 10 km

Aufstehen um 2 Uhr... So muss ein Urlaub anfangen! Aber wer 'nen Zug um 4:42 bucht muss leiden!
Da es nicht möglich war, am Vorabend ein Taxi zu zu reservieren, hab ich mich entschieden, zum Bahnhof zu radeln. Hat auch gut geklappt. Nur gut 45 Minuten hab ich für die 10km gebraucht. Leider fährt sich die Kiste sehr schwammig, entweder falsch beladen oder ich hätte doch noch den Reifendruck kontrollieren sollen...
Die Anzeige im Bahnhof sagt, dass das Fahrradabteil im Abschnitt C sein soll. Da stell ich mich auch hin und genau vor mir hält ein Wagon mit Fahrradsymbol. Super! Die Platznummer für das Rad und mich ist auch vorhanden. Dadurch bekomme ich aber nicht mit, das es mehrere Wagen mit Radplätzen gibt und ich im falschen bin. Sinnvollerweise sind die Nummern in allen Wagen die gleichen...
Also muss ich in Diepholz die 2 Minuten Aufenthalt nutzen; mit dem Rad aus dem Zug raus und 3 Wagons weiter wieder rein. Ufffff. Glücklicherweise hat der Schaffner Mitleid und hält den Zug so lange auf!
So geht die Fahrt dann auf dem richtigen Platz ohne Probleme weiter.
Um 9:46 ist dann in Koblenz umsteigen angesagt. Die halbe Stunde Aufenthalt bräuchte ich gar nicht, da es auf dem Nebengleis weitergeht.
Um 11:46 ist Trier erreicht, hier habe ich nur 6 Minuten zum Umsteigen. Aber auch hier ist der Anschlusszug auf dem Nebengleis. Umsonst Sorgen gemacht, ob ich es schaffe!
Also bin ich um 12:56 in Luxemburg-Hauptbahnhof. Unglaublich! Keine Verspätung!!!
Ein Hotel ist schnell gefunden. Das Rad wird im Konferenzraum eingeschlossen und ich döse erstmal 2 Stunden im Zimmer vor mich her. Dann geht's auf Stadtbummel. Luxemburg ist im Zentrum vor allem eines: Laut, Überfüllt und Hektisch! Etwas abseits wird es aber gemütlicher.

Echte Highlights finde ich aber nicht. Auch wenn es gleich neben dem Zentrum noch ein altes Luxemburg gibt, dass sich offenbar dem Zahn der Zeit widersetzen konnte.

Tagespensum: 57 km

Das Frühstück ist überschaubar: 2 Sorten Wurst, 2 Sorten Käse. Dass die Franzosen auf das Frühstück keinen Wert legen wusste ich ja, aber das die Luxemburger auch so drauf sind...
Wie vermutet brauch ich eine Weile um aus der Stadt rauszufinden.
Das “Mapfactor Navigator Free“ ist zwar als Programm ziemlich gut, leider ist die Datenbasis (OpenStreetMap) aber noch verbesserungsfähig. Es sind zwar fast alle Straßen, Wege und sogar Trampelpfade verzeichnet. Dummerweise sind sie aber nicht immer richtig klassifiziert und miteinander verbunden. Das führt schon mal dazu, das man im Fahrradmodus über kaum als solche zu erkennende Waldwege geführt wird, die man selbst mit einem MTB kaum bezwingen kann. Oder 2 Straßen kreuzen sich zwar, haben aber keine Kennung als Kreuzung erhalten. Na ja. Diese Macken kenne ich schon seit meiner Tour von Bergamo nach Hamburg, damals habe ich Mapfactor das erste Mal eingesetzt.
Nach 'ner gefühlten Stunde verlasse ich die Stadtgrenzen von Luxemburg-Stadt und bin nun in Luxemburg-Staat.
Wie ich gestern schon schrieb fährt sich meine StreetMachine diesmal ziemlich schwammig. Leider hab ich in Luxemburg keinen Fahrradladen gefunden. Das wird sich noch rächen!
Um 11 Uhr überfahre ich etwas, das die Grenze zwischen Luxemburg und Frankreich darstellen soll; man bekommt es deswegen mit, weil das große blaue Schild mit den wichtigsten Verkehrsregeln an der Straßenseite steht.
2 Dinge reicht Frankreich als Willkommensgruß:
Ich sehe 4 riesige Kühltürme, wie sie bei AKW's üblich sind. Und 5 km weiter geht das schwammige Gefühl in ein Ups-Gefühl über, als ich merke, das mir Vorne die Luft entweicht!
Nun stehe ich mitten in der französischen Pampa mit nem Plattfuß. Da ich voll auf meine unplattbaren Marathon Plus-Mäntel vertraut habe, habe ich weder Werkzeug noch Ersatzschläuche mit. Aber dafür ein Pannenspray, das Verspricht sogar ein 28 Zoll Rad wieder auf Betriebstemperatur zu bringen; dann sollten 20 Zoll doch kein Problem sein. Also prüfen, ob was im Mantel steckt, Nein. Ich finde aber einen Schnitt, der die blaue Pannenschutzschicht erkennbar macht. Sollte es doch zu nem Durchstich gekommen sein? Pannenspray geschüttelt (nicht gerührt) und rein damit. Boah. Es wirkt! Der Reifen ist Prall gefüllt und fährt sich jetzt wie ne Eins... für 500 Meter. Dann macht es Poffffffff der Schaum quillt aus dem Mantel und ich hab: nen Platten. Das war also der Satz mit X.
Mist!!! Da steh ich also an der Landstraße und hab ca. 15 km bis zu einer Stadt, deren Größe auf der Landkarte Hoffnung auf nen Radladen macht. Ich warte 5 Minuten bis ein Lieferwagen auf mich zukommt. Und der hält sogar auf meine flehende Geste hin! Besser noch, er ist bereit einen Umweg zu fahren um mich zum Radladen zu bringen! Doch noch Glück gehabt... Leider hat der Radladen ein ehernes Gesetz: zwischen 12 und 15 Uhr wird nicht gearbeitet! PUNKT! Es ist 5 vor 12... OK, er macht eine Ausnahme: zwischen 11:55 und 15:00 wird nicht gearbeitet. Grmbl. So geht es einem Kunden eines Monopolisten...
Na gut, hab ich also 3 Stunden Zeit die Stadt Thionville zu erkunden. Nachdem ich 2 Brücken über einen Fluss (und seinen Nebenfluss) überquert habe und mich frage, wie der wohl heißt, setze ich mich an die Uferpromenade, futter meine Gerade erworbenen Pommes... ach nein, hier heißen die ja Frites (und sind komplett Ungesalzen) und betrachte eine Horde Schwäne. Irgendwann fällt mir auf, das da eine ganze Menge Reiseradler auf der Promenade unterwegs sind. Ich fasse mir ein Herz und spreche ein Pärchen an, dass sich nur ein paar Meter neben mir eine Rast gönnt. Mein Englisch ruft keine Freude hervor; die können noch weniger als ich; denen ist nämlich in der Schule Russisch beigebracht worden. Aber trotz des starken sächsischem Akzent der Beiden verstehen wir uns gut.





Nun klärt sich auch wie der Fluss heißt: es ist die Mosel! Die beiden kommen gerade aus Metz und sind die ganze Zeit am Fluss langgefahren. Super. Dann ist ja der Weg nach Metz klar; statt über die Landstraße geht's am Fluss lang. Die beiden geben mir noch den Tipp in Metz unbedingt die Kathedrale anzusehen, dann trennen sich unsere Wege wieder.
Ich muss aber noch anderthalb Stunden warten... Trotzdem gehe ich wieder zurück und versuche mein Glück. Der Chef fegt vor der Tür und macht mir klar: 15 Uhr! Also gehe ich wieder. Diesmal in die andere Richtung, aber da wird's richtig Öde. Also wieder zurück. Stelle ich mich halt auf die Brücke und versinke in der Betrachtung der 5 Fische, die in dem doch recht sauberen Fluss schwimmen.
Irgendwann ist dann doch 15 Uhr und ich darf in den Laden rein. Ein junger Mann hat sich gerade meines Rades angenommen und zeigt mir den Schlauch; ein etwa 3 cm langer Riss nicht weit vom Ventil. Ich vermute mal, Reibung wegen zu wenig Luftdruck. Nachdem er auch das Hinterrad richtig Vollgepumpt hat, schreite ich zu Kasse: 20 Euro. Nicht gerade wenig, aber Arbeitszeit ist auch hier teuer. Immer noch weniger als sich Schlauch und Werkzeug zu kaufen und es selber zu reparieren.
Also wieder aufgesattelt und los! Und siehe da: läuft wie 'ne Eins... und sogar länger als 500 Meter!
Der Radweg ist, bis auf ein kurzes Trampelpfadstück 2 oder 3 km vor Metz super und auch sehr gut ausgeschildert. Allerdings bietet er landschaftlich nicht sehr viel außer Industriegebieten. Dazu kommt ein schöner Gegenwind. Aber damit komme ich als Flachlandtiroler besser klar als mit dem ständigen Auf und Ab, das mich fast an die Toskana erinnert hat.
Gegen 17 Uhr erreiche ich Metz. Ursprünglich sollte es ja nur ein Zwischenziel auf den Weg nach Nancy werden, aber die 3 Stunden fehlen. Also muss ein Hotel her. Das erste, das ich anfahre liegt an einer Hauptstraße und sieht wie 'ne Absteige aus... also ab ins Zentrum. Hier finde ich ein kleines Hotel, in dem ich für 91 Euro mit Blick auf die Kathedrale übernachten kann.
Die schaue ich mir natürlich noch an. Sogar rein komme ich noch, und es kostet nicht mal Eintritt. Sie ist von innen eher Schlicht ausgestattet jedoch mit unglaublich schönen Glasfenstern aus bunten Mosaikstücken. Dazu die sehr dezente Musik eines Mönchschors aus Lautsprechern, die sich sehr gut anhört und ein tolles Gesamtkunstwerk erschafft.





Anschließend bummel ich noch etwas durch die Altstadt und esse was. Dann ab aufs Zimmer.

Tagespensum: 66 km

8 Uhr, ich wache auf, weil ich unangenehme Geräusche höre. Ein Blick aus dem Fenster zeigt mir, das ich mir heute die Sonnencreme sparen kann: es regnet in strömen. Super! Der Wettergott hat also nur 1 Tag gebraucht, um sich meiner neuen Tourenplanung anzupassen... Danke!
Beim Frühstück, das übrigens überraschend gut ist (zwar nur eine Sorte Wurst und als Käse so'n verschimmelter Brie, aber dafür jede Menge Obst: Melonen, Ananas, Trauben, Bananen, …), höre ich vom Nebentisch deutsche Wörter. Und da der Typ mit 'nem Mac dasitzt und nebenbei im Netz surft (entspanntes Frühstücken definiert halt jeder anders), frag ich ihn, ob er schon den Wetterbericht aufgerufen hat. Hat er nicht, tut es aber mal schnell. Tja, den ganzen Tag Regen. Allerdings soll ab Mittags auch mal die Sonne rauskommen. Also dehne ich das Frühstück bis 10. Und siehe da; aus dem Dauerregen ist ein leichter Nieselregen geworden. Mutig ziehe ich meine Regenklamotten an und lege mich aufs Rad. Nicht der erste Fehler, den ich in den letzten 2 Tagen gemacht habe!
Erst geht alles gut. Ich finde relativ schnell den Einstieg in den Moselradweg und bewundere die Ausschilderung. Entweder gibt es Richtungsschilder mit Kilometerangaben oder große Piktogramme auf dem Asphalt, wenn es eine Gabelung gibt. Davon könnten sich die Macher des Elberadwegs ein gutes Stück von Abschneiden!
Aber dann: erst kommt völlig ohne Grund (denke ich da noch) ein fieses Drängelgitter quer über den ganzen Weg und direkt dahinter hört der Weg (fast) auf! Die nächsten Kilometer habe ich einen Weg, der sich am besten so Beschreiben lässt: da gab es mal eine Eisenbahnstrecke, aus der man nur die Schienen entfernt hat; die Bohlen sind noch da... Zusätzlich wird der Weg immer schmaler, bis er nur noch 'nen halben Meter breit ist! Welcher Vollhonk erklärt so was zu 'nem Radweg??? Na ja, wenigstens regnet es nicht mehr... hätte ich das nur nicht gedacht! Denn wenige Augenblicke später... grrrrr.
Gut das der Weg wieder breiter wird, denn statt dem Trampelpfad ist es nun ein sehr breiter Schotterweg, der mehr Wasserpfützen... (ach was Seen) hat als der Yeti Haare auf dem Kopf. Kilometerlang muss ich jetzt wie ein Besoffener von einer Seite zur anderen pendeln, um nicht baden zu gehen. Ach ja, es regnet immer noch...
Irgendwann hab ich die Schnauze voll und nutze eine Gelegenheit auf eine Landtrasse zu kommen. OK, ist ein Autobahnzubringer, aber die allermeisten Autos überholen mit recht großem Abstand, gelegentlich fahren sie sogar friedlich hinter mir her, wenn es nicht anders geht. Radfahren ist wohl überall stressfreier als in Deutschland...
Gut 20 km vor Nancy erwischt mich der Hungerast; selbst bergabfahren strengt an. Also steuer ich 'nen Kebab-Laden an, gönne mir 2 Limos und 'nen Kebab. Der Besitzer ist Türke, spricht ziemlich gut Deutsch (hat er in der Schule in der Türkei gelernt) und hat früher in Brest gelebt, also da, wo ich hinwill, bevor ich mich (rein geografisch gesehen) auf den Rückweg machen werde. Sachen gibt's...
Sein Versuch die vollgepackte Liege zu fahren scheitert jedoch auf ganzer Linie!
Etwa 10 km vor Nancy lotst mich mein Navi wieder auf den Moselradweg; da er an dieser Stelle wieder schön asphaltiert ist, Nutze ich ihn gern. Hatte ich schon erwähnt, das es regnet?
In Nancy fahre ich Richtung Zentrum, bis ich ein Hotelschild sehe. Tropfend stehe ich am Empfang und bekomme wirklich ein Zimmer. Ich hatte eigentlich befürchtet, das man Rücksicht auf meinen Zustand nimmt, und mit "Leider Ausgebucht" auf meinen Wunsch reagiert.
Was bin ich doch für ein Glückskind!

Es regnet immer noch.

Tagespensum: 78 km

Tja, das 5-Euro-Frühstück war sehr überschaubar: 2 Miniatur-Croissants, 1 Glas O-Saft und 1 Tasse Tee. Macht Appetit auf was zu Essen... Egal, die Vollversion hätte nicht viel mehr geboten (am Nebentisch hat es ein Pärchen). Um halb Elf bin ich endlich auf der Straße. Das Wetter gestern hat einen Stadtbummel unmöglich gemacht und heute will ich nicht. Also gleich in die Vollen. Das Geländeprofil erinnert mich extrem an die Toskana. Noch innerhalb des Stadtgebietes muss ich schieben. Gefühlte 45 Grad sind einfach zu viel. Dann geht es gute 15 km die Landstraße lang, bis ich wieder auf den Moselradweg treffe. Er fährt sich super. Links und rechts dicht zugewachsen, dass man kaum die Mosel zu Gesicht bekommt. Bei strahlender Sonne wäre es noch schöner, weil man sich dann über den Schatten freuen könnte. Aber der Himmel ist mit dicken Wolken verhangen, die heute allerdings kein Wasser lassen müssen.
Ich bin so begeistert von Weg und Landschaft, dass ich das Navi ignoriere und mich nur von den Hinweisschildern leiten lasse.
In Toul schaue ich mir die Kathedrale an. Schön gemacht, kann sie trotzdem nicht mit der in Metz mithalten. Im Café vor der Kathedrale kauf ich mir noch 'nen Liter Mirabellen-Saft; teuer, aber lecker.







Als ich weiterfahre, bemerke ich dann endlich, das ich mittlerweile in die falsche Richtung fahre; die Mosel macht hier eine Kehre und fließt wieder nach Osten... oder kommt sie wieder aus Osten... muss ich zu hause mal bei Wikipedia nachschauen. Das bedeutet für mich, ich muss ca. 5 km zurück. Schade, den Weg wäre ich gerne weiter gefahren. Vor allem, wenn ich es mit den doch recht tristen Landstraßen vergleiche, ich ich jetzt fahren muss. Das ist halt die Rache für die nicht vorhandene Planung...
Das einzige Highlight sind dann die paar Kilometer die ich dem Rhein-Marne-Kanal folge. Die nahe N4 ist kaum zu hören und trotz schlechten Untergrund fährt es sich gut. Zumindest mit meinen M+, mit Dackelschneidern würde ich hier nicht fahren wollen.
Ein paar Kilometer vor meinem heutigen Ziel, Commercy, kommt noch die Sonne raus und sorgt für leichte Röte auf Armen und Beinen.

Tagespensum: 122 km

Das Frühstück war OK. Gab zwar keine Wurst und nur Schmelzkäsescheiben. Aber Marmelade und O-Saft satt.
Beim Bezahlen hab ich dann gemerkt, dass das Abendessen gestern im Zimmerpreis mit drin war! War also ein echtes Schnäppchen!
Der Himmel ist mal wieder bedeckt, als ich um 10 losfahr. Trotzdem creme ich mich ein... nur das Gesicht nicht... tja so seh ich abends auch aus. Winnetou wäre neidisch... wären da nicht dir weißen Stellen von der Sonnenbrille!
Nach etwa 20 km, in denen es ständig auf und ab ging, liegt plötzlich der Marne-Rhein-Kanal vor mir. Er wird mich die folgenden 100 km bis Châlon-en-Champagne begleiten. Der offizielle Radweg ist sehr schön zu fahren. Leider hört er nach ca. 30 km auf. Danach folgen Wirtschaftswege, die wohl dazu dienen, die dutzenden von Schleusen notfalls reparieren zu können. Dieses Wirtschaftswege sind sehr unterschiedlich in der Qualität. Manchmal so gut wie der offizielle Radweg, manchmal festgefahrener Schotter, mitunter aber auch mit dem Flair eines Waldweges, also nur 2 Streifen festgefahrene Erde, in der Mitte eine Grasnarbe. Alles ist heute jedoch gut zu fahren. Nach einem ausgiebigen Regenguss sieht das bestimmt anders aus... davon zeugen auch die paar restlichen Pfützen, die ich mit kleinen Schlenkern umfahren muss.





Die unbefestigten Abschnitte mögen auch der Grund sein, warum dieser Weg offenbar keine Freunde bei den Reiseradlern hat; auf 100 km ist mir nicht ein einziger begegnet. Oder auch nur Zufall, wer weiß?
Größtenteils schnurgerade zieht er sich dahin, die einzig anspruchsvollen Momente kommen, wenn es mal wieder ein Brücke über den Kanal oder eine Schleuse gibt (und von beiden gibt es reichlich!). Die Macher des Weges (und das trifft auch auf den offiziellen Teil zu) haben sich keine Mühe gegeben, die 5 oder 6 Meter Höhenunterschied zwischen Radweg und Brücken- / Schleusenebene radfahrergeeignet zu gestalten. Wenige Meter vorher beginnt die Steigung. Und die ist so heftig, das ich nur mühsamst im ersten Gang und mit viel Kraftaufwand hochkomme. Auch so kann man ein paar Meter für die Bergwertung rausholen...
Auf einem der waldwegähnlichen Abschnitte erwischt es mich dann; ich schaue einen Moment zu lange in die Natur, komme mit dem Vorderrad gegen die etwas höhere Grasnarbe und baue 'ne Elle. Im wahrsten Sinne des Wortes: ich falle wieder auf den rechten Ellenbogen und reiße mir die gerade frisch nachgewachsene Tapete wieder runter. Aua!
Landschaftlich bietet ein Flussradweg natürlich wenig Abwechslung, aber dass kann auch von Vorteil sein: man kann abschalten und sich meditativ-philosophisch mit den wichtigen Dingen des Lebens beschäftigen. Und sich fragen, warum nur "42" die einzig richtige Antwort sein kann.
Mir hat dieser Tag gefallen, so sehr, das ich die 122 km ohne ernsthafte Pause gefahren bin. Einmal 10 Minuten für ein koffeinhaltiges Kaltgetränk und 6 oder 7 Mal um dem Navi klarzumachen, das mir seine Streckenempfehlung schnurzegal ist.
Eine Überraschung hat das Hotel noch in petto gehabt: die junge Dame am Tresen wollte doch glatt 10 Euro für die Unterbringung des Rades in der Garage von mir haben. Nachdem ich ihr klargemacht habe, das ich den Scherz toll fand, aber sicher kein Geld dafür zahlen werde, hat sie es dann auch eingesehen und darauf verzichtet.
In die Kathedrale Saint-Etienne bin ich leider nicht mehr reingekommen; war schon zu spät. Auch die anderen Kirchen waren schon zu.





Eigentlich bin ich aus Überzeugung ein Atheist, aber diese alten Gemäuer haben etwas. Die Bauherren haben sich viel Mühe gegeben etwas besonderes zu schaffen. Das ist ihnen oft gelungen und dieses Kunstwerk kann man auch dann bewundern, wenn man den Grund des Erschaffens eher ablehnt... ups, ich habe "Jehova" gerufen!

Tagespensum: 94 km

Ich wache auf und schau aus dem Fenster: strahlend blauer Himmel und keine Wolke zu sehen. Also nur nicht das Eincremen vergessen!!!
Das Frühstück ist durchaus erträglich: ein Baguette-Brötchen, mehrere Süßteilchen und Marmelade satt.
Gegen halb Elf komme ich endlich auf's Rad. Wie gestern geplant geht es ab auf den Flussradweg. Die ersten 50 km geht alles gut, dann wird aus dem Weg in bunter Mischung alles Mögliche. Einiges davon ist mehr für MTB's als für Lieger geeignet. Irgendwann hab ich die Schnauze voll und wechsle auf die Landstraße. Das Problem ist nur, hier gibt es keinen Schatten! Bei mittlerweile 35 Grad (wie eine Apotheke anzeigt, übrigens müssen die Franzosen ein sehr krankes Volk sein; ich hab noch nie so viele davon gesehen. Selbst im kleinsten Dorf: kein Bäcker aber 2 Apotheken..) ist selbst ein wenig Schatten etwas Wundervolles! Dazu kommen noch die Hügel. Kaum oben und mit 50 runtergerast, muss ich wieder mit 5 - 10 km/h nach oben strampeln. Und das in sengender Hitze.
Ich kapituliere abermals; lieber meine StreetMachine zu nem MTB degradieren als diese Achterbahnfahrt. Also die nächste Möglichkeit wieder auf den Wirtschaftsweg. OK, jetzt nur noch mit 10 - 15 unterwegs, dafür tritt sich das aber wesentlich leichter und ich habe wieder Schatten!
Das es hier so viele Hügel gibt, könnte man voraussehen, wenn man bedenkt, dass ich hier in der Champagne bin! Wein wird nun mal nicht im Flachland angebaut... Dementsprechend sind natürlich fast alle Hügel (wenn sie denn die richtige Ausrichtung haben) mit Weinreben bepflanzt. Für einige scheint auch schon Erntezeit zu sein; jedenfalls habe ich mehrere dieser speziellen Maschinen in den weniger steilen Hängen gesehen.
2 besondere Begegnungen gab es Heute: zum einen hab ich heute auf dem Flussradweg (als es noch einer war) eine dreiköpfige Radlerfamilie getroffen, die jedoch kein Interesse an einem Schnack hatte. Zum anderen bin ich 'nem Franzosen aus der Normandie mit 'nem (Stein-) Trike begegnet, der wirklich das Teil mit 'nem Segel bestückt hat! Höhe der Segelfläche ca. 2 Meter, breite ca. 1 Meter. Also sozusagen ein "Kite-Trike". Er nannte es allerdings "Wike" von "Wind-Trike". Wenn ich ihn richtig verstanden habe, gibt es eine Firma, die das Segel speziell für Trikes in Kleinserie herstellt, inkl. Befestigungsmanschette für den Ausleger und die ganzen Leinen. Blöderweise habe ich gar nicht daran gedacht, ein Foto zu machen. Grrrr
Er wäre damit schon die Alpen hoch "gewiked", erzählt er mir. Hier in der Champagne traut er sich aber kaum, weil die Autos hier so gefährlich überholen, anders als in der Normandie... Ich hab ihm geraten, mal 'ne Woche in Deutschland zu fahren; danach wird er sich nie wieder über französische Überholmanöver beschweren!
Noch gute 110 km bis Paris... mal sehen, ob ich das morgen schaffe...

Tagespensum: 121 km

Das Frühstück hat zwar wenig Auswahl ist aber ganz OK. Als ich um halb Elf aufbreche ist es schon ganz schön warm. Die Idee wieder möglichst dicht am Fluss zu bleiben ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Meistens besteht der "Weg" aus einem Streifen gemähter Wiese; fährt sich nicht so toll... Daher bin ich auch nicht so böse, als das Navi endlich die gestern Vorbereitete Route auf Landstraßen weiterführt. Bis ich mich dann auf einem ca. 5 km langen Schotterabschnitt wieder auf die Fresse lege. Wieder verliert mein rechter Ellenbogen Haut. Und diesmal nicht zu knapp... es blutet recht heftig. Erstmal mit den Wasserreserven abspülen und dann mit meiner Reiseapotheke (ja, hab ich wirklich mit!) Notdürftig abkleben. Ein gerade vorbeikommender ca. 16-18jähriger reagiert vollkommen Logisch: während ich im Staub liege, geht er weiter, als ob nichts passiert wäre. Danke dafür!
Aber es gibt auch andere Reaktionen: etwas später komme ich an einer schönen Villa mit großen Grundstück vorbei, in dem gerade ein Fest stattfindet. Jemand ruft mir mehrfach hinterher, also halte ich an und er bietet mir erstmal was Kaltes zu trinken an. Ich bestelle ein Wasser und bekomme eine Dreiviertelliterflasche, in dem ein riesiger Eiswürfel schwimmt. Kaltes Wasser! Wo ich fast nix mehr habe... Dann muss ich die üblichen Fragen beantworten: woher, wohin. Einer fragt "Hast du kein Auto?". Ich sage "Klar, aber dann hätte ich jetzt kein kaltes Wasser bekommen". Alles grinst. Die Party ist eine 30-Jahr-Feier und bevor ich hier zum Mittelpunkt werde, fahre ich weiter.
Etwa 40 km vor Paris treffe ich wieder auf einen Kanalradweg, der seinen Namen verdient; erst nur festgefahrener Boden wird er irgendwann zu einer Zweispurig markierten Fahrradschnellstraße. Geil! Auf der fahr ich mit bis zu 30 km/h in Paris ein. Leider gibt es kein Stadtschild am Radweg, so dass ich einsehen muss, dass ein Posen vor dem Schild nicht stattfinden wird. Statt dessen ist aus dem Kanal plötzlich die Seine geworden und ich bin mitten in PARIS! Um 19:25 erreiche ich die Stelle, die mein Navi als Stadtmitte bezeichnet. Ich bin glücklich. Da weiß ich aber noch nicht, das sich pariser Hotels durch 2 Eigenschaften auszeichnen: Ersten sind sie ausgebucht und zweitens wollen die 250 Euro pro Nacht in einem 3-Stene-Hotel haben!!! Ich kann mich gerade noch beherrschen und mach mich auf die Suche. Für nur 83 Euro kann ich ein 2-Sterne-Zimmer mit Klo auf dem Flur haben. Ah ja!
Nach 3 Stunden suchen, komme ich im Ibis unter: erste Nacht 130, die anderen 99 Euro. Aber dafür 3 Sterne und Klo nicht auf dem Flur...
Der Portier kann sich nicht einkriegen, als er meine Liege sieht und erfährt welchen Trip ich schon hinter mir hab. Voller Begeisterung spendiert er mir erstmal 2 Selter, die ich auf Ex kippe.
Nach dem Duschen geh ich noch was essen, 2 Kreuzungen weiter ist ein kleines aber gut besuchtes Restaurant. Da gönn ich mir ein sehr leckeres Omelett und ein Bier. Wieder im Hotel will ich mir noch eins gönnen, was der Portier, der auch gleichzeitig die Bar betreibt, nutzt, um, den beiden anderen Gästen klarzumachen, was für ein Held ich doch bin...
Wird trotzdem Lustig. Wie sich herausstellt, kommt Simon aus Plauen und sein Kollege Chaaminda aus Sri Lanka. Sie arbeiten für ein Unternehmen, das Unterwäsche herstellt und u.a. auch an deutsche Kaffeeröster liefert. Hier in Paris ist gerade eine Ausstellung für Unterwäsche. Und jetzt kommt es: Chaaminda's Job ist es, durch Handauflegen die BH-Größen der Models zu ermitteln!!!!!!! Ein fleischgewordener Männertraum! Er wird dafür bezahlt, wofür andere Männer mindestens Backpfeifen fangen... Uffff. Oder haben die beiden mich angelogen? Schwer zu sagen nüchtern sind wir alle nicht, als sich die Runde um 2 auflöst. Allerdings habe ich mit den 5 Bier noch am wenigsten drin; sonst könnte ich das hier nicht mehr schreiben...
Wir tauschen noch die eMail-Adressen aus und dann ist endlich Schluss.
Morgen (OK, Heute) werd' ich wohl erstmal den Eiffel-Turm in Angriff nehmen und Dienstag dann den Louvre.

Tagespensum: 21 km

Um halb Zehn wach ich auf... um Zehn gibt's kein Frühstück mehr! Jetzt also schnell.
Um viertel nach Elf geht die Sightseeingtour los. Bis zum Eiffelturm sind es nur 3,5 km, die ich mit dem Rad wahrscheinlich schneller zurücklege als mit dem Auto! Es herrscht eine Hektik und ein Gedränge auf den Gehwegen und Straßen... schlimmer als in der hamburger Innenstadt am 24. Dezember!
Komischerweise geben trotzdem alle aufeinander Acht und zeigen Respekt auch vor Radfahrern. Ich habe schon viele Berichte über Radfahren in Paris gelesen und gehört, aber entweder waren die alle komplett übertrieben oder die Leute sind noch nie in Hamburg unterwegs gewesen...
An der Ampel vordrängeln bringt hier keinen zur Weißglut, falsch durch Einbahnstraßen; na und. Rote Ampeln gelten hier nur bedingt als Pflicht; kommt keiner, wird sie schon mal ignoriert. Außer Nachts, da kann man Fußgänger nicht sehen, also wird Nachts gehalten! Man wird schon mal knapp überholt, allerdings mit sehr geringer Geschwindigkeit. Man bekommt dafür aber auch oft freiwillig die Vorfahrt eingeräumt und ich wurde nie geschnitten.
OK. Eiffelturm. Ich sehe ihn zum ersten Mal live und in 3D. Ganz schön Groß das Teil. Und sieht durch die Strebenkonstruktion trotzdem sehr filigran aus. Leider wird gerade daran gebaut, was den Gesamteindruck etwas stört. Auf eine Besteigung verzichte ich, da die Warteschlangen vor jedem Aufzug bestimmt 200 Meter haben.







Lieber weiter zum Louvre. Hier bekomme ich zum ersten Mal mit, das auch Pariser ihre Grenzen haben: in den Parkanlagen herrscht striktes Fahrradfahrverbot, dass von Parkwächtern (auf Fahrrädern!) kontrolliert und durchgesetzt wird. Strafe kostet es aber nicht; es geht auch ohne... Die Glaspyramide vor dem Louvre (spätestens seit der Verfilmung von Dan Browns "Sakrileg" weltbekannt) sieht ganz schien mickrig aus. Im Film wirkte sie wesentlich größer. Auch hier eine riesige Warteschlange. Ich werde morgen wohl den Wecker stellen müssen...



Weiter zum Arc de Triumph. Mitten in einem 5-Spurigen Kreisel gelegen nimmt es der Größe dieses Monumentes einiges weg.



Zurück zum Hotel fahr ich noch mal am Eiffelturm vorbei. Die Schlangen sind nicht kleiner geworden. Warum auch. Nach einem kleinen Softeis für 3,50 fahre ich weiter. Obwohl ich noch nie in Paris war, finde ich die Straße zu meinem Hotel ohne mich vom Navi leiten zu lassen: was bin ich doch gut!
Als im Hotel bin und mich vor den 32 Grad draußen verkrieche, fallen mir 2 Dinge ein: ich wollte noch zur Notre Dame und ich wollte noch nach nem Buch über den Seine-Radweg schauen. Alzheimer lässt grüßen.
Dafür habe ich heute morgen gesehen, das gleich um die Ecke ein Waschsalon ist. Also ist heute auch Waschtag!